Der Begriff „Rektusdiastase“ bedeutet, dass die Muskelbäuche des geraden Bauchmuskels auseinander stehen, weil das dazwischen liegende Bindegewebe in die Breite gedehnt wurde.
Auch wenn Rektusdiastasen ganz unterschiedliche Erscheinungsbilder und Ausprägungen haben können, werden diese Symptome am häufigsten beschrieben:
Das bedeutet, dass die tiefen Muskeln Deines Rumpfes schwach oder inaktiv sind, während andere Muskeln für das Defizit kompensieren müssen.
Ein starker Rumpf trägt zu einer guten Haltung bei, stützt Deine Organe, stabilisiert Deine Wirbelsäule und hat einen positiven Einfluss auf die Atmung, den Verdauungstrakt, den Menstruationszyklus und den Beckenboden. Die Körpermitte verbindet Deinen Brustkorb mit dem Becken und gibt Dir die nötige Stabilität für ein Leben in der Aufrichtung. Sind die tiefen Rumpfmuskeln jedoch schwach oder inaktiv, hat dies einen direkten Einfluss auf alle oben genannten Funktionen.
Wie fühlt sich das an?
Wenn die tief liegende Muskulatur des Rumpfes schwach oder inaktiv ist, entwickelt Dein Körper automatisch Strategien zur Kompensation, um dem Alltag wie gewohnt nachgehen zu können.
Das bedeutet, dass für die Aufrichtung und Stabilität im Rumpf plötzlich Muskeln verantwortlich gemacht werden, die für diesen Job gar nicht bestimmt sind. Während die Körpermitte nach und nach immer schwächer wird, verkrampfen sich die Muskeln in den angrenzenden Körperbereichen. Es werden zusätzliche Strategien wie das Luftanhalten oder Pressen genutzt, um dem Körper die nötige Stabilität zu ermöglichen.
Eine Rektusdiastase entsteht durch anhaltenden oder immer wiederkehrenden Druck gegen die Bauchwand. Dadurch wird auf Dauer das Bindegewebe zwischen den Muskelbäuchen des geraden Bauchmuskels in die Breite gedehnt und immer schwächer. Gleichzeitig wird die optimale Funktion des Rumpfes beeinträchtigt. Die Organe drängen nach vorne, was den Bauch größer werden lässt. Gleichzeitig steigt das Risiko für die Entwicklung einer Hernie (Nabelbruch, Bauchwandbruch), weil das Gewebe zwischen den Muskelbäuchen des geraden Bauchmuskels immer dünner und anfälliger wird.
Vielleicht hast Du die Erfahrung schon gemacht: Weil sich Dein Bauch nach vorne wölbt und sich nicht zurückzubilden scheint, entscheidest Du Dich für Bauchmuskeltraining. Du gehst also ins Fitnessstudio, besuchst Kurse oder trainierst zu Hause. Mit dem Resultat, dass es Dir danach schlechter geht als davor, der Bauch größer wird statt kleiner und vielleicht auch der Beckenboden Probleme macht.
Genau so kann es sein, dass Du bereits während Deiner regulären Fitnessroutine einen Hügel auf Deinem Bauch bemerkst, den Du willentlich nicht beeinflussen kannst. Du hebst die Hantel und Dein Bizeps hat noch Kraft, aber mit jeder Wiederholung entsteht diese Beule auf dem Bauch.
All das sind Resultate Deiner Körpermitteschwäche und den damit einhergehenden Kompensationsstrategien. Diese nimmst Du nämlich überall hin mit, auch in Deinen Sport. Weil die Muskeln Deines Rumpfes nicht das tun, wofür sie gedacht sind, entsteht Druck, der sich gegen die Bauchwand und den Beckenboden richtet.
Crunches haben ihren Ursprung in der modernen Fitnessindustrie der amerikanischen 70ger und 80ger Jahre. Sie gehören zu den Übungen, die wir als „klassisches Bauchmuskeltraining“ ansehen. Der Gedanke, der diesem klassischen Bauchmuskeltraining zu Grunde liegt, lautet: Um einen Muskel zu kräftigen muss er verkürzt werden. Anders ausgedrückt: Ansatz und Ursprung nähern sich an. Daher kennen wir in erster Linie Bauchübungen, bei denen entweder der Brustkorb zum Becken bewegt wird oder das Becken in Richtung Brustkorb. In beiden Fällen wird die Wirbelsäule rund, der Bauch wird also „angenähert“ und wir spüren nach einigen Wiederholungen das erwünschte Brennen durch Ermüdung. Während dieses Prinzip auf die meisten Muskeln im menschlichen Körper übertragbar ist, bildet die Bauchwand jedoch eine Ausnahme.
Alle Bauchmuskeln haben die Besonderheit, daß sie in der Mitte der Bauchwand durch Bindegewebe miteinander verbunden sind. Anders ausgedrückt hält das Bindegewebe die zwei Bauchhälften zusammen. Während sich nun beim Crunch die Bauchmuskeln anspannen und verkürzen, reagiert das Bindegewebe anders: Es wird durch die verringerte Aktivität des tiefen Bauchmuskels und dem dadurch entstehenden Druck gegen die Bauchwand in die Breite gedehnt. Durch steigende Intensität und Wiederholungsfrequenz wird das Bindegewebe auf Dauer geschwächt und wölbt sich im Laufe der Zeit nach vorne. Anfangs entstehen kleine Mikro-Risse, mit steigernder Intensität und Wiederholungsfrequenz können Crunches, Klappmesser & Co. jedoch schließlich zu einer Rektusdiastase führen oder eine bereits bestehende Rektusdiastase vergrößern.
Auch wenn das alles sehr frustrierend klingt kann ich Dich beruhigen:
Wenn Du einmal verstanden hast, wie Dein Rumpf tatsächlich funktioniert und weißt, was Du tun kannst um die Bewegungsabläufe umzuprogrammieren, ist das der absolute Game Changer.