• Trauer & Trauma - was ist das?

    Trauer & Trauma - was ist das?

Trauer & Trauma - was ist das?

Körper, Geist und Seele bilden eine untrennbare Einheit.

Der Körper steht für Kraft und Funktion, der Geist für den Verstand und die Seele als Ort der Gefühle und Empfindungen.
Diese drei Komponenten stehen in einer Wechselwirkung zueinander und bilden den Menschen in seiner Ganzheit ab. Dabei können sie im Einklang sein oder in einem Missverhältnis zueinander stehen.
In meinem Tätigkeitsfeld der gynäkologischen Physiotherapie und Begleitung von Frauen nach Schwangerschaften und Geburten konnte ich über die Jahre beobachten, wie groß der Einfluss von belastenden oder nicht ausreichend verarbeiteten Erlebnissen auf die Funktion der Körpermitte ist und welch ein Kreislauf durch eine solche Dysregulation entstehen kann.
Ein unterdrückter oder ins Stocken geratener Trauerprozess sowie Ereignisse, die als überwältigend empfunden wurden, können hierbei eine große Rolle spielen.

Um genauer auf die Verbindung zwischen der sogenannten „Mind-Body-Connection“ eingehen zu können ist es mir wichtig, vorab zwei Begrifflichkeit zu definieren.

 

Trauer

Trauer kann sehr unterschiedlich definiert werden. Zum einen ist Trauer ein natürlicher Verarbeitungsprozess nach einem Verlusterleben. Mit dem Verlust einher gehen meist auch der Verlust von Halt, von Sicherheit, von Worten, Gewohnheiten, von Normalität.
Trauer kann auch als ein emotionaler Zustand gesehen werden. Gleichzeitig ist sie sehr individuell – jeder Mensch trauert anders und unterschiedlich lang, von Wochen, über Monate oder Jahre. Da Trauer leider zu den Tabu-Themen unserer Gesellschaft gehört, stoßen die Trauernden im Umfeld häufig auf Sprachlosigkeit, Hilflosigkeit, Überforderung oder gar Ungeduld. Nicht selten fühlen sich Trauernde ausgegrenzt, alleine und unverstanden.
Trauersymptome zeigen sich sowohl auf der emotionalen Ebene, als auch auf der körperlichen und geistigen Ebene.
Durch permanente Ablenkung, durch Betäubung oder durch „Nicht fühlen wollen“ kann der Trauerprozess ins Stocken geraten. Man könnte meinen, die Trauer stecke im Körper fest. Gemeinsam mit den unangenehmen Emotionen kann der Körper abgespalten und möglicherweise auch taub werden.

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Trauma

Das Wort „Trauma“ beschreibt nicht das Ereignis selbst, sondern die Art und Weise, wie das Körpersystem im Moment des Geschehens damit umgeht.

Nach einer Definition von Peter Levine werden Traumasymptome nicht durch das äußere Ereignis verursacht. Sie entstehen, wenn überschüssige Energie nach dem traumatischen Erlebnis nicht aus dem Körper entladen wird. Diese Energie bleibt im Nervensystem gebunden und kann auf Körper und Geist verheerende Auswirkungen haben.

 

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Trauer und Trauma

liegen sehr nah beieinander, häufig auch übereinander

Ob ein Verlust erlebt oder unzureichend verarbeitet wurde, oder ob ein Ereignis als zu viel, zu schnell, zu plötzlich oder als zu lange anhaltend empfunden wurde … unser Nervensystem antwortet, indem es die Verbindung zum Körper kappt. Als Speicherstätte für unangenehme Gefühle, Stress oder belastende Erinnerungen wird er abgespalten, abgelehnt oder nicht wohlwollend behandelt (z.B. verbal oder durch verbissenen Sport, Diäten, etc.). Gleichzeitig können neben Vermeidungsstrategien Überreiztheit oder eine Art Taubheit bzw. Verlust der Spürfähigkeit entstehen. Körperliche Empfindungen werden nicht mehr wahrgenommen.
Die Körpermitte ist Sitz der Organe, welche vom vegetativen Nervensystem versorgt werden. So kann sich traumatischer Stress im Nervensystem unter anderem auf den Magen-Darm-Trakt, die Blasenfunktion, das Herz-Kreislauf-System, die Atmung und die Sexualfunktion auswirken.
Muskulär wirkt sich traumatischer Stress häufig in Form von dauerhaften Muskelverspannungen aus. In Bezug auf das Zwerchfell bedeutet das eine veränderte Atmung (flacher oder schneller Atemrhythmus). Sehr häufig sind unter anderem auch der Beckenboden und der Kaumuskel betroffen.
Auch Schlafstörungen, das berühmte Gedankenkarussel und sich immer wieder aufdrängende, belastende Erinnerungen können Anzeichen für eine Trauma-Reaktion sein.

Die Wichtigkeit von traumasensibler Körpertherapie

Traumasensible Körpertherapie bedeutet, dass wir gemeinsam die Verbindung und den Kontakt zum Körper und den Gefühlen wiederherstellen.

Dabei spielt neben einem verlangsamten Tempo Achtsamkeit, Behutsamkeit, Sicherheit und eine gute Beziehung zwischen Therapeut:in und Klient:in eine wichtige Rolle. In kleinen Schritten wird durch passende Körperübungen das Spürgewahrsein verbessert und die körperliche Wahrnehmung gestärkt. Fehlende Verbindungen werden wieder aufgebaut und miteinander verknüpft, Trauerprozesse können angestupst und Gefühle ins Fließen gebracht werden. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass diese Form der Körperarbeit nicht konfrontativ ist. Das bedeutet, dass wir nicht mit der Erinnerung an das Ereignis arbeiten sondern mit der körperlichen Reaktion.

Unser Körper arbeitet nach dem „Use it, or lose it“ - Prinzip

Körperbereiche, die abgespalten und aus dem Wahrnehmungsbereich ausgegrenzt wurden, werden auch weniger versorgt.
Die Durchblutung ist in diesen Bereichen vermindert und die nervale Versorgung nimmt ab. Nerven-enden schlafen ein, die Muskelaktivität ist reduziert bis inaktiv. Mit traumasensibler Körpertherapie können die betroffenen Körperbereiche wieder integriert werden, was mit einer entsprechend höheren Durchblutung, verbesserter Aktivität und nervaler Versorgung in diesen Bereichen einher geht.
You can’t heal, what you can’t feel!!

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